Es gibt Tage ...

  • ... da muss man einfach zur rechten Zeit am richtigen Ort sein!


    Ostersonntag, 31.03.2013 ...


    nach einer kurzen Nacht (wegen der Zeitumstellung) sitzen wir am Frühstückstisch und überlegen, was man machen kann. Das Wetter ist etwas durchwachsen, jedoch freundlicher, als es die Wettervorhersage prognostiziert hatte. Familienbesuch scheidet aus, da die zu weit weg ist. Da hätte ich schon einen Wochenendbesuch draus machen müssen. Also einfach so einen Spaziergang planen. Da kommt mir die Idee: wir waren schon lange nicht mehr im Ofenwerk in Nürnberg, ein Oldtimerzentrum. Absolut nicht vergleichbar mit den diversen Meilenwerken, da einfach viel kleiner. Aber trotzdem ist es immer wieder schön, sich da umzuschauen :)


    Also: gesagt - getan ... auf nach Nürnberg. Schöne Fahrzeuge gibt es wieder anzuschauen. Verschiedene Ferrari, ein neuer Mercedes SLS in matt-silber, ein weißer 300T 4-matic in top Zustand, mehrere Ponton-Cabrios und und und ... und eine wunderschöne rote Pagode mit schwarzen Hardtop ein 230 SL. Sieht von aussen aus wie neu. Innen sind deutliche Gebrauchsspuren zu erkennen. Der Fahrersitz müsste dringend mal neu beledert werden. Das Holz wäre auch dringend renovierungsbedürftig. Da will ich gar nicht wissen, wie das Softtop aussieht. Aber egal. Trotzdem ein klasse Fahrzeug.


    Wie wir so um das Auto schleichen, gesellt sich ein älterer Herr dazu. Man kommt ins Gespräch. Ich schwärme von der Pagode. Dass das ja noch ein Traum von mir wäre. Er fragt mich, ob ich mir das Fahrzeug näher anschauen will und sperrt die Tür auf. Ich: Ist das Ihrer? (dumme Frage, warum hat er sonst die Schlüssel zu dem Fahrzeug). Also kann ich mich auch mal in das Fahrzeug setzen. Darf auch unter die Motorhaube schauen. Einfach ein wahnsinns Auto. Wir unterhalten uns weiter. Ich erzähle ein bisschen von mir und meinem Fuhrpark. Das ich lange keinen SL haben wollte, mir dann aber doch vor 2 Jahren einen 107er zugelegt habe und seitdem total davon begeistert bin.


    Nachdem wir dann über eine halbe Stunde so um das Auto gemeinsam mit dem Herrn geschlichen sind, setzen wir uns ins Kaffee und unterhalten uns weiter. Über die gute alte Technik, wie ausgereift die damals war, wie lange die entwickelt wurde, bevor der Kunde die Technik erleben durfte. Und heute? Da ist der Kunde doch der Tester. Die Ingenieurskunst bezieht sich eher darauf, wie kann ich das Material noch mehr, noch gewinnbringender ausreizen. Die ganze Elektronik heute, die letztendlich ein Auto lahm legen kann, ohne dass tatsächlich was kaputt ist.


    Es ist ein angenehmes Gespräch, man kommt von Höckschen auf Stöckchen. Wir landen bei der Familie. Nun erzählt er, dass er das Auto von seinem Vater bekommen hatte, der sich das seinerzeit gekauft hatte, um sich im Alter einfach noch mal was schönes zu gönnen. Und mit dem Ziel, dass dann auch weiter zu vererben. Eben an den jetzigen Besitzer. Auch dieser hatte sich vorgestellt, das Auto an seinen Sohn weiter zu geben. Aber der will von Mercedes nichts wissen. Bonzenauto. "Wenn du mir den vererbst, wird er sofort verkauft", so die Worte des Sohnes.


    Man sieht dem Herrn an, dass er darüber echt traurig ist. Er selbst traut sich aber nicht mehr recht fahren. Er ist mit der Pagode wohl schon ein paar mal angeeckt (deshalb auch die neue Lackierung) und hat sich deshalb dazu entschlossen, das Fahren einzustellen, bevor er das Fahrzeug ganz ruiniert. Ich pflichte ihm bei, das er da auf jeden Fall richtig entscheidet. Solange es nur Blechschäden sind, kann man die ja immer wieder richten lassen, aber was ist, wenn mehr passiert? Ich schwärme wieder von dem Auto, wie toll seine Pagode dasteht, auch in der Farbe. Und wenn ich das nötige Kleingeld übrig hätte, ich das Fahrzeug ja sofort nehmen würde. Aber in dem Zustand müsse man ja locker 60.000 € oder mehr hinlegen. Er meint dazu, dass Geld aber auch nicht alles sei, dass es ihm viel mehr darauf ankomme, dass die Pagode in gute Hände gehe ... und bei mir habe er ein gutes Gefühl. Ich: ... eigentlich will ich ja meinen Fuhrpark reduzieren, weil ich selbst gar nicht mehr dazu komme, die ganzen Autos zu fahren. Aber er lässt nimemr so recht locker. Fragt, was ich denn maximal ausgeben könne. Ich erzähle, welche Fahrzeuge ich sowieso verkaufen will und was ich mir in etwas dafür als Erlös errechnet habe. Ein bischen was ist auch noch was auf der hohen Kante ... Aber mit dem ganzen sind wir ja immer noch weit davon entfernt, was so ein Auto wert ist.


    Er betont noch mal, dass das Geld für ihn nicht die Rolle spiele, denn mitnehmen könne er eh nichts. Er schlägt einen Deal vor. Was ich davon halten würde, wenn ich, je nach Wetterlage, 1 bis 2x im Monat mit ihm in dem Auto eine Spazierfahrt machen würde. Er müsse sich dann nicht ganz von dem Auto verabschieden und ich bekomme dafür das Fahrzeug zu einem günstigen Kurs ... hm, ja ... das wäre natürlich eine Möglichkeit. Ich habe trotzdem dabei ein schlechtes Gewissen. Andererseits: bevor jemand anders den Schnapper macht?!? Letztendlich schlage ich ein! :)


    Ja, und somit bin ich nun stolzer Besitzer einer wunderschönen Pagode. Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen. Vielleicht auch deswegen, weil ich das Fahrzeug noch nicht bei mir stehen habe. Aber wir machen kommende Woche den Vertrag perfekt. Auch mit der Verpflichtung zu den Ausfahrten. Und Ratenzahlung wird vereinbart. So wie ich meine Fahrzeuge verkaufe, zahle ich die Raten ab.


    Aber nun schaut euch erstmal das Fahrzeug an. Weitere Fotos folgen, sobald ich die Pagode hier habe!


    Liebe Grüße und einen schönen Ostermontag!

  • Gerade rief mich der Besitzer noch mal an: wir treffen uns wieder im Ofenwerk! Wir werden weitere Bezingespräche führen.


    Und er habe die letzte NAcht besonders gut geschlafen mit dem Wissen, dass sein "Schätzchen" nun in gute Hände kommt!


    Ich freu mich wie ein Schneekönig!!! :herz::pilot:

    Gruß, Martin

    „Es wirkt nicht in etwa so, als hätte man es nötig, einen alten Mercedes zu fahren – man hat es nicht nötig, einen neuen zu fahren.“
    Zitat Benedikt Wiemer, ein Autor der Internet-Seite http://www.ikonengold.de

  • Na das sind doch mal tolle Nachrichten. :thumbup:


    Freut mich, dass Du bereit bist dem alten Herren diese Freude zu machen.
    Der rechte Mann zur rechten Zeit am rechten Ort, scheints mir...
    Sein Problem ist für mich nachvollziehbar und wird wohl in der Art künftig noch öfter vorkommen.


    Leider gibt es immer weniger Menschen, die bereit sind für ihr Erbe auch etwas zu tun.
    Ich habe noch den Spruch im Ohr: "Was Du ererbt hast von den Alten, erwirb es, um es zu besitzen".
    Daher hat er m.E. eine gute Entscheidung für alle Seiten getroffen.


    In diesem Sinne wünsche ich Euch beiden, Dir und dem alten Herrn, noch recht lange, viel Freude an dem Auto.


    Gruß Volker

  • Es ist nicht mein erstes Auto, dass ich auf ähnliche Art und Weise zu einem günstigen Kurs bekommen habe.


    Ende 2006 habe ich einen quasi neuwertigen 123er 240D zu einem absolut günstigen Kurs kaufen können. Den Top hatte ich damals vom Besitzer meiner Vertragswerkstatt bekommen. Bilder von dem 123er gibt es in der Vorstellung unter sonstige Mercedes Modelle.


    Einige Jahre früher war es ein unverbrauchter Stufenheck-Polo, der für 300 DM zu mir wechselte.


    Auch beides Fahrzeuge von Rentnern, die sich nicht mehr fahren trauten...

    Gruß, Martin

    „Es wirkt nicht in etwa so, als hätte man es nötig, einen alten Mercedes zu fahren – man hat es nicht nötig, einen neuen zu fahren.“
    Zitat Benedikt Wiemer, ein Autor der Internet-Seite http://www.ikonengold.de