Mein 300TE darf wieder am Strassenverkehr teilnehmen

Moin Allerseits,

fast ein Jahr ist seid der Anschaffung meines 1991er 300TE vergangen und ich habe wirklich viel daran machen müssen. Angefangen beim Motor (ZKD nebst jeder Menge Verschleissteile neu) über die komplette Vorderachs-Revision bis hin zum langwierigsten und umfangreichsten Posten, der Hinterachsrevision. Daneben wurden sämtliche extras der umfangreichen Innenausstattung überholt und wieder in funktionstüchtigen Zustand versetzt und der Innenraum aufbereitet.Es hat viel mehr Zeit gebraucht als geplant und auch viel mehr Geld gekostet aber seit letztem Mittwoch ist es geschafft, die MFK (Schweizer TüV) hat ihren Segen ohne jegliche Beanstandung gegeben und der Fahrkomfort nach unserer Wochenend-Kurzreise über 2.000km ist wirklich überragend. Der Motor läuft seidig und zieht kreftvoll - Sechszylinder sind einfach ge..! Nichts klappert oder schwabbelt und das gute Stück gleitet dahin wie ein Neuwagen. Der champignonfarbene Innenraum duftet nach altem Leder und verströmt Wohnzimmer-Flair. Sogar meine Frau ist ganz begeistert Es sind zwar noch diverse Kleinigkeiten zu erledigen (alle drei Heckscheibenrahmen und die Kotflügelspitze hinten links) aber diese Arbeiten hebe ich mir definitiv für wärmere Tage im Frühjahr auf. Eine vernünftige Konservierung und lackaufbereitung steht auch noch ins Haus. Wir nutzen den Wagen als Youngtimer für gelegentliche Ausfahrten und für die Ferien, als Alltagsfahrzeug ist er eigentlich fast schon zu schade...

Anbei schicke ich euch einige Bilder der Hinterachsrevision. Zustand Vorher: Alle Leitungen marrode rechte vordere HA-Aufnahme zu ersetzen, diverse Durchrostungen, Diff. singt, usw...

Gruss, Juri

Karies

Schweissarbeiten

Unterboden gereinigt, grundiert und hell lackiert um zukünftige Roststellen besser erkennen zu können

Fahrschemel strahlen, lackieren und neu lagern. Achsschenkel überarbeiten und neu lagern.

"Neues" Diff seitlich abdichten und neu lackieren. Streben in belasteter Position einbauen.

Alle Leitungen durch selbst angefertigte Kunifer-Leitungen ersetzt. Da mein Bördelgerät nur bis 6mm geeignet ist habe ich bei den Kraftstoffleitungen auf Schneidring-Verbinder zurückgegriffen. Funktioniert tadellos. Ansonsten sind alle Bördel nach Norm ausgeführt und mittels passender Messing-Ueberwurfmuttern verschraubt. Die Leitungshalter sind im EPC übrigens sehr schlecht herauszufiltern und einige sind schon nicht mehr lieferbar.

Der Tank war nach dem Entrosten an der "üblichen" Stelle undicht. Das Loch war winzig und ich habe die Stelle mit Kaltmetall repariert. Ist dicht und sieht nach gründlichem Verschliff und Lackauftrag sogar ordentlich aus. Mal sehen wie lange es hält...

Sämtliche Verkleidungen des Kofferraums und die Sitzbank wurden gereinigt. Erstaunlich wieviel Dreck man mit Universalreiniger und Bürste herauskommt. Man sieht deutlich den Farbunterschied bei den Seitenverkleidungen im ersten Bild: links der Dreck seit 1991, rechts frisch gewaschen. Ausserdem riechen sie nun wieder gut nach Bergfrühling Die kleinen Schilder für das Warndreieck und den Verbandskasten habe ich bei MB nachgekauft. Spontan fällt mir keine andere Automarke ein be der man nach ca. 30 JAhren noch so ein Detail bekommt...

Die Planung im Bereich Hinterachse hat ca. 3 Monate in Anspruch genommen. Die eigentliche Durchführung dann ca. 3 Wochen bei täglich zwischen 6 bis 20 Stunden Arbeit. Es empfiehlt sich zwei Wochen Urlaub zu nehmen, dann kann man auch mal schlafen wenn man nicht mehr kann. Ohne Hebebühne hätte ich es allein in der Zeit nicht geschafft. Ausserdem hatte ich für die Einpassung der HA-Aufnahme tatkräftige Hilfe eines Kollegen der im Bereich Karosseriearbeit nichts dem Zufall überlässt. Ansonsten war ich Einzelkämpfer.

Gutes Werkzeug ist ein Muss, sonst kommen einem schnell die Tränen. Ausserdem ist eine Drehbank zur Anfertigung diverser Presshülsen meiner Meinung nach unumgänglich. Der Zugriff auf EPC hat die Sache ebenfalls erleichtert. Es dauert immer länger als man denkt und es kommt auch immer teurer als gewollt. Ich habe ausschliesslich auf Marken-Ersatzteile in Erstausrüsterqualität (Lemförder, Boge, ATE, etc...) oder, wo notwendig, direkt auf MB-Teile zurückgegriffen. Kunifer-Leitungen und Verschraubungen sowie sämtliche chemischen Produkte habe ich über ein bekanntes Internet-Depot für Korrosionsschutz bezogen.

Kosten grob über den Daumen liegen bein 2.500-3.000 Euro. Weniger wird bei dem Arbeitsumfang schwierig, mehr geht wie so oft problemlos, je nach dem wieviel Arbeit vergeben bzw. selbst gemacht wird. Bis auf das Strahlen des Fahrschemels (35 Euro in die Kaffeekasse) habe ich sämtliche Arbeiten in Eigenleistung durchgeführt. Man kann sicher 25% bei den Ersatzteilen sparen wenn man auf preiswertere Produkte zurückgreift. Ob sich das aber unterm Strich lohnt steht auf einem anderen Blatt. Das ist eine ehrliche Schätzung und vermutlich für viele abschreckend, es ist aber leider das was unter dem Strich stehen bleibt wenn man versucht alles auf einen Schlag zu machen. Ich hoffe er bleibt uns noch viele Jahre ein treuer Gefährte.

Für mich hat sich die Aktion (nach viel Fluchen, mehrfach fast verzweifeln, diversen Brand-, Kratz- und Schnittwunden) gelohnt weil der Kombi für mich ein schöner Ausgleich zu meiner Arbeit ist und ich dieses Auto wirklich sehr gerne mag. Er ist ausserdem unser erstes (fahrtüchtiges) Automobil und wir sind im Alltag nicht auf ihn angewiesen. Daher ist er für uns auch eher zum liebhaben und Urlaubsfahrten bzw. Wochenendausflüge gedacht und nicht als Lastesel im Stadtverkehr. Das Fahrgefühl ist nach der vielen Arbeit über jeden Zweifel erhaben und man hat das gute Gefühl ein ganz besonderes Auto zu fahren, eins was man sich wirklich redlich verdient hat. Ausserdem müsste ich viel tiefer in die Tasche greifen wenn ich mir ein Auto in vergleichbarem technischem Zustand mit auch nur annähernd ähnlichem Fahrkomfort anschaffen müsste.